Präzisions-O-Ringe werden durch Vulkanisation in einem geschlossenen Werkzeug im Kompressions- oder Spritzverfahren hergestellt. Auf diese Weise lassen sich O-Ringe in relativ engen Fertigungstoleranzen und mit guter Oberflächenbeschaffenheit gemäß ISO 3601-1 und ISO 3601-3, herstellen. Aufgrund festgelegter Vulkanisationsparameter weisen Präzisions-O-Ringe gleichbleibend hohe mechanische Eigenschaften über den gesamten Umfang auf. Nur durch dieses hohe Qualitätsniveau können später in der Anwendung gleichbleibend gute Dichtungseigenschaften über einen langen Zeitraum hinweg erreicht werden.
Bisher galt allerdings in der Dichtungsbranche, dass mit diesem Verfahren O-Ringe in sehr großen Abmessungen nicht wirtschaftlich hergestellt werden können. Der Grund liegt im enormen Aufwand und den damit verbundenen hohen Kosten zur Erstellung eines Werkzeugs. Hinzu kommt, dass das äußerst schwierige Handling derartig großer Werkzeuge von vielen Dichtungsherstellern nicht bewältigt werden kann.
Vorteile der Endlosvulkanisierung
Die bei Parker Prädifa eingesetzte innovative Fertigungstechnologie der Endlosvulkanisierung, die ohne störanfällige Stoßstellen auskommt, ermöglicht die wirtschaftliche Herstellung von O-Ringen in Präzisionsqualität mit hoher mechanischer Belastbarkeit in nahezu beliebigen Durchmessern. Die endlosvulkanisierten O-Ringe weisen technisch vergleichbare Eigenschaften auf wie O-Ringe, die im konventionellen Pressverfahren hergestellt werden. Durch das formgebundene Verfahren zeichnen sich diese XXL-O-Ringe als Qualitätsprodukt für anspruchsvolle Anwendungen aus.
Die Oberflächenbeschaffenheiten und Toleranzen entsprechen der ISO 3601:2012. Diese Norm deckt allerdings nur Schnurstärken bis 8,4 mm ab. Um unseren Kunden trotzdem eine zuverlassige und gleichbleibend hohe Qualität der O-Ringe bei Schnurstärken >8,4 mm gewährleisten zu können, hat Parker Prädifa eine eigene Hausnorm auf Basis der ISO 3601:2012 entwickelt.
Kundenspezifische Geometrien für statische und dynamische Anwendungen
Neben XXL-O-Ringen in Präzisionsqualität bietet Parker Prädifa auch die Entwicklung und Fertigung kundenspezifischer Geometrien in großen Durchmessern an. Je nach Anwendungs-Erfordernissen steht eine umfangreiche Palette an Werkstoffen zur Verfügung.
Fallstudie: Dichtungslösung für Zentrifuge (Pharmazeutische Industrie)
Die Aufgabe >> Bei der großindustriellen Herstellung halbsynthetischer Antibiotika werden bis zu 500.000 Liter Antibiotika pro Fertigungslos produziert. Damit dies wirtschaftlich möglich ist, werden Anlagen entsprechender Größe benötigt. Neben großen Fermentern mit mehreren Metern Durchmesser, in denen biotechnologisch Antibiotika gezüchtet werden, kommen auch Zentrifugen mit vergleichbaren Abmessungen zum Einsatz, um das Antiobiotikum von den Prozesshilfsstoffen zu trennen. Hierbei darf es sowohl aus Sicherheits- als auch aus wirtschaftlichen Gründen auf keinen Fall zu Leckage kommen. Eine Leckage an den Zentrifugen könnte zu einer Kontamination der Antibiotika, verbunden mit einem entsprechenden hohen wirtschaftlichen Schaden, oder schlimmer, Kontamination der Umgebung mit der damit verbundenenen Gefahr für Mensch und Umwelt führen.
Die Lösung >> Um eine zuverlässige Dichtungslösung zu erarbeiten, wurde Parker Prädifa schon frühzeitig in die Entwicklung mit einbezogen. Durch Einsatz von endlosvulkanisierten, also stoßstellenfreien, Präzisions-O-Ringen ist die zuverlässige Dichtfunktion sichergestellt. Neben dem Dichtungsdesign spielen die Werkstoffeigenschaften, vor allem in puncto Temperatur- und Medienbeständigkeit, bei der Entwicklung eine weitere wichtige Rolle. Neben Dauertemperaturen von 250 °C muss die Dichtung auch den bei der Antibiotikaproduktion eingesetzten aggressiven Medien widerstehen. Zum Einsatz kam der Parofluor® (FFKM)- Werkstoff V8920.
Fallstudie: Lippendichtring für Lithografieanlage (Halbleiterindustrie)
Die Aufgabe >> Bei der Neuentwicklung einer Lithografieanlage für die Halbleiterfertigung bestand die Aufgabe in der Abdichtung zweier Gehäusehälften. Aufgrund der Toleranzsituation bei der Fertigung der jeweiligen Gehäusehälften konnte bei montiertem Gehäuse ein Spalt von bis zu 0,5 mm zwischen den beiden Gehäusenhälften auftreten.
Die Lösung >> In der Dichtungstechnik liegen in der Regel zu überbrückende Spaltmaße von 0,05 mm bis 0,25 mm vor. Da größere Spaltmaße bei dem in der Anwendung für die Abdichtung zur Verfügung stehenden Einbauraum mit einer Massivdichtung, wie z.B. einem O-Ring, nicht zuverlässig bzw. nur mit einem erhöhten Leckagerisiko abgedichtet werden können, wurde hierfür keine klassiche O-Ring-Dichtung gewählt, sondern eine Profildichtung im Lippendesign. Die Dichtung wurde unter Einsatz der Finite Elemente Analyse entwickelt, um die zuverlässige Abdichtung großer Spalte und Toleranzschwankungen im Einbauraum der Dichtung zwischen den beiden Gehäusehälften zu gewährleisten. Die Formgebung verhindert darüber hinaus ein Verdrillen der Dichtung bei der Montage und reduziert die erforderlichen Montagekräfte.
Bei der Auswahl des Dichtungswerkstoffes waren hohe Reinheitsanforderungen zu berücksichtigen. Durch entsprechende Nachbehandlungsprozesse erzielt der ausgasarme FKM-Werkstoff V0747 hervorragende Ergebnisse.
Weitere Informationen:
EMG Report 07/2017, Seite 22
Broschüre: Dichtungen und Formteile im XXL-Format
Ein Beitrag von
Stefan Reichle, Market Unit Manager Industry
Engineered Materials Group Europe, Prädifa Technology Division
Neuer Dichtungswerkstoff HiFluor FB für hygienisch sensible Anwendungen
Optimale Dichtwirkung, auch bei k(l)einen Drücken mit der HL Stangendichtung
Neuer Werkstoff nobrox erhöht konstruktive Freiheit für Dichtungen und technische Bauteile